Kamingespräch(Symposium) zum Aquarell Würzburg 2014

 

Essenz des Würzburger Kamingespräches im März 2014

 

Das Thema „Stellenwert des Aquarells in der aktuellen Kunstlandschaft“ sollte einen Denkanstoß zur Diskussion liefern. Schnell stellte sich in der Runde heraus, dass die Wasserfarbenkunst von außen, aber auch von Kunstschaffenden selbst, traditionell mit Dogmen und „Verboten“ belegt worden ist und – vor allem von Anleitungsbüchern, Freizeitmalern und Hobbygaleristen – auch heute noch immer wird.

Es kristallisierte sich heraus, dass keine andere Technik – und mehr unterscheidet die Aquarellmalerei auch nicht von Öl oder Acryl; da war man sich einig – der Malerei sich ernsthaft Beschränkungen, wie Forderungen nach Weißstellen (möglichst noch auf etwa ein Drittel des Blattes quantifiziert), lasierender Malweise, transparentem Farbauftrag, nach Schwarz- und Deckweißverbot aufoktruieren ließe. Insgesamt war man einer Meinung, dass genau diese „Selbstkastration“ in der Aquarellmalerei unreflektiert akzeptiert wird und von vielen Kursleitern auch heute noch weiter verbreitet wird.

 

So wurde einleuchtend, warum oftmals – auch bei fachkundigem Publikum – ein souveränerer, progressiverer Umgang des Künstlers mit Wasser, Farbe, Format und Realitätsabbildung regelmäßig Unverständnis hervorruft. Große Teile des Publikums, und oft auch der Kunsthändler, erwarten Aquarelle in der Tradition der englischen Landschaftsmalerei des 18. Jahrhunderts – und zu oft bekommen sie diese auch. Insgesamt herrschte die Meinung vor, dass die heutzutage höhere Wertschätzung von Acrylmalerei nicht nur auf dem aktuellen Trend zu großen Formaten liegt, sondern auch in dieser Selbsterniedrigung der Aquarellkunst „von innen“. Weitere, auf eigener Erfahrung älterer Diskussionsteilnehmer beruhende Gründe für die Abwertung der Aquarellmalerei waren zum einen die Vorbelastung des Aquarells auch als eine Haupttechnik im Dritten Reich und zum anderen die Tatsache, dass das Malen mit Wasserfarben lange zur Ausbildung höherer Töchter gehörte. Auch der Umstand, dass das Aquarell oft als Vorstudie zu einem „richtigen“ (Öl)Gemälde gesehen wurde, erhöht nicht den Stellenwert des Aquarell in der Kunstgeschichte.

Im zweiten Teil des Kamingespräches entstand ein lebhafter Austausch darüber, wie man der Aquarellmalerei dazu verhelfen kann, als eigenständiges künstlerisches Genre ernstgenommen zu werden und damit letztlich zur Museumstauglichkeit zeitgenössischer Wasserfarbenmalerei beitragen kann. Interessanterweise entwickelte sich erst einmal eine Diskussion darum, was nun den Reiz und den Charakter der Aqaurellmalerei ausmache. Andersherum, ob die Verwendung wasserverdünnbarer, aber wasserunlöslicher Farben (Aerocolor) dem Aquarell nütze, zeitgemäß zu werden oder der Wertschätzung des Aquarells als eine der schwierigsten Techniken der Malerei (darüber herrschte Konsens) abträglich sei.

Die Verlockung mit wasserfesten Tuschen beeindruckende Hintergründe für ein Aquarellgemälde, ohne die Gefahr des Anlösens durch spätere Farbaufträge, zu schaffen, wurde gesehen. Der Einwand, dass die Industrie lediglich das Bedürfnis nach modernen Hilfsmitteln, wie Farben auf Acrylbasis, Aquarellgrund für Leinwand und Aquarellstrukturpasten befriedige, wurde allgemein mit dem Argument, dass immer neue Absatzmöglichkeiten und Kostenersparnis (Gummi Arabicum ist teuer) im Vordergrund stünden, nicht das Urbedürfnis der Aquarellmaler, verworfen.

 

Das Gespräch musste zwangsläufig auch in einer Art Definition von Aquarellmalerei münden, um herauszuschälen, was die Faszination dieser Technik mit all ihren Schwierigkeiten (kaum Korrekturmöglichkeiten, Wasserlöslichkeit, Empfindlichkeit) und Vorteilen (Leuchtkraft, Freilufttauglichkeit, Preisgünstigkeit…) ausmacht. Letztlich war man sich einig, dass, wenn man Aquarellkunst ernst nimmt, sich auf das Malen mit wasserlöslichen (nicht nur wasserverdünnbaren!)Farben auf Papier (auch darüber, dass nur Papier das geeignete Medium sei, herrschte Einigkeit) einlassen müsse. Alle Erleichterungen (Tusche, Lack etc.) und Experimente auf Leinwand wurden überwiegend als Mischtechniken (mit der Intention des Ausweichens vor Schwierigkeiten oder als „Effekthascherei“) betrachtet, die die Aquarellmalerei als Technik und damit ihre Rezeption in der Kunstlandschaft letztlich beschädigen.

 

Gegen Ende des „offiziellen“ Gesprächsteiles kam man allgemein zu dem Schluss, dass Organisationen, wie die Deutsche Aquarell Gesellschaft und Künstlergruppen, wie der Watercolorclub zusammen viel für Wertschätzung und Stellenwert der Aquarellkunst tun können. Dies könnte sich unter anderen in gemeinsamen Ausstellungen und Veranstaltungen äußern. Eine Verdichtung und Zusammenarbeit von WCC und DAG sollte angestrebt werden, um die Vernetzung zu verbessern und um dem Aquarell zu dem zu verhelfen, was es aus unserer Sicht verdient – nämlich als wichtiges Medium der Malerei und eigenständige Kunstform betrachtet zu werden. Dann könnten vielleicht auch Aussagen, wie „mit Aquarellen komme ich doch sowieso nicht ins Museum“, die auch offenes Zeugnis über die Selbsteinschätzung eines Künstlers geben, einmal der Vergangenheit angehören.

 

Man ging nicht auseinander, ohne festzustellen, dass es eine Bereicherung für alle war, sonst über ganz Deutschland (und Österreich) verstreute Kollegen zum Kennenlernen und Gedankenaustausch zu treffen. Auch wurde eine halbjährliche Institution des Aquarell-Kamingespräches überschwenglich begrüßt, sodass wir uns auf eine Fortsetzung im Herbst 2014 geeinigt haben. Wir freuen uns ‚drauf.

Abschließend noch die Feststellung, dass diese Zusammenfassung natürlich keinen Anspruch auf Objektivität und Vollständigkeit erheben will und kann. Ergänzungen, weitere Sichtweisen und Anmerkungen zum hier Geschriebenen sind hocherwünscht und werden von uns eingearbeitet – natürlich nur von Menschen, die auch als Ohrenzeugen teilgenommen haben 😉 Schreibt uns bitte in diesen Fällen bitte eine Email. Eine Diskussion oder Kommentierung von Außenstehenden zum Watercolorclub-Kamingespräch ist natürlich ebenso gewollt, weshalb wir die Kommentarfunktion freischalten und uns auf reges Interesse und Meinungsaustausch freuen.

 

Andreas Mattern und Mario Stiller.

Kamin Würzburg 2014
Kamin Würzburg 2014

3 Gedanken zu “Kamingespräch(Symposium) zum Aquarell Würzburg 2014

  1. Die Grenzen, auch im Aquarell, setzen wir uns selber. Es gilt sie immer wieder aufs neue zu suchen, zu erforschen. Um sie dann gegebnenfalls weiter nach außen zu verschieben. Es liegt also an uns Aquarellisten, dem Aquarell einen besseren Stand in der bildenden Kust zu geben. In dem wir uns nicht selber Vorschriften machen, wie ein gutes Aquarell auszusehen hat oder welche Farben verwendet werden dürfen. Sondern wir müssen anfangen die Beschränkung in unseren Köpfen zu hinterfragen und gegebenenfalls aufzuheben. Erst dann wrid die Aquarellmalerei als eigenständiges, gleichwertiges Medium in der Malerei wahrgenommen.

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